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Privatheit und Digitalität: Zur soziotechnischen Transformation des selbstbestimmten Lebens.

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Die Zukunft von Privatheit und Selbstbestimmung, Springer Vieweg, Wiesbaden, (2022)
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-35263-9

Abstract

Der Beitrag wendet sich dem ambivalenten Zusammenspiel von Privatheit und Digitalität zu, indem er deren Relevanz für Diskurse und Praktiken der Selbstbestimmung ausleuchtet und auf die soziotechnischen Transformationen dieses Zusammenspiels bezieht. Privatheit und Digitalität werden dabei als gesellschaftlich mitkonstituierte Sozialformen, Assemblagen oder Kommunikationsverhältnisse perspektiviert, die von historisch sich wandelnden soziokulturellen Einflussgrößen durchzogen sind. Um die skizzierte Perspektive einzunehmen werden wir zunächst die einschlägigen soziologischen Wissensbestände zu einer kursorischen Darstellung gesellschaftstheoretischer Perspektiven auf Privatheit verdichten. Daraufhin wenden wir uns den soziologischen Digitalisierungsforschungen zu, die die Konzeptualisierung von Privatheit nicht unberührt lassen. Hierbei wird v. a. herausgearbeitet, dass das soziologische und gesellschaftstheoretische Bild von Privatheit um Aspekte des Technischen und Materiellen erweitert werden muss. Theoretisch entsprechend eingestellt werden wir sodann eine Analyse von Selbstbestimmung unter soziodigitalen Verhältnissen präsentieren, die sich an vier zentralen Problemfeldern von Privatheit und Digitalität entfaltet: Die soziale Prämierung von Sichtbarkeit; soziale Konsequenzen digitaler Verhaltensformung; die soziale Dynamik datenökonomischer Erlösmodelle; sowie die Auswirkungen, die sich aus alldem für die Entscheidungsfreiheiten von Nutzenden ergeben. Im Fazit des Beitrags werden Konsequenzen für eine demokratische und an Selbstbestimmung orientierte Gestaltung von Privatheit benannt. Hierbei zeigt sich ein erheblicher Bedarf an einer Politik der Gestaltung und Regulierung von soziodigitalen Infrastrukturen, die eine Datenökonomie befördert, welche sich der demokratischen Kontrolle, Mitbestimmung und v. a. der Kritik öffnet. Zentrale Kompetenz individueller, wie kollektiver Selbstbestimmung wird damit die Fähigkeit zur Kritik der normierenden Gehalte und Effekte soziodigitaler Infrastrukturen. Diese muss aus den soziodigitalen Verhältnissen und praktischen Situationen selbst erwachsen und die Pluralität von Rechtfertigungsordnungen moderner Gesellschaften einbeziehen, um so die Kontingenz bestehender normativer Ordnungen erfahrbar und alternative Infrastrukturgestaltungspfade begehbar zu machen: Nur wenn die Infrastrukturen gewährleisten, dass der Faden zur kritischen Praxis nicht reißt, kann Privatheit unter soziodigitalen Bedingungen Ort der Selbstbestimmung bleiben.

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